Yin und Yang: Grundlagen – Teil 1/5: Was ist das?

Yin und Yang ist ein Konzept aus dem Taoismus, einer alten spirituellen Strömung, die heute hauptsächlich in China und Japan verbreitet ist. Die traditionelle chinesische Medizin hat dessen Philosophie später teilweise übernommen. Die Grundidee ist, dass in jedem Menschen mehrere Energieströme fließen. Stehen diese im Gleichgewicht zueinander, ist der Mensch körperlich und/oder psychisch gesund. Geraten sie hingegen in ein Ungleichgewicht, wird derjenige Mensch körperlich und/oder psychisch immunschwach oder krank. Dabei gibt es kein allgemeines Gleichgewicht, wie etwa „Gesunde Blutwerte liegen zwischen Zahl 1 und Zahl 2.“ in der eurozentrischen/westlichen Medizin. Vielmehr hat jeder Mensch ein individuelles Gleichgewicht, wie ein Fingerabdruck, weswegen der gleiche und gleich starke Energiestrom den einen Menschen gesund, einen anderen jedoch krank machen kann. Erschwerend kommt hinzu, dass dieses individuelle Gleichgewicht und die Lebensumstände des jeweiligen Menschen eine Wirkung aufeinander haben. Daher kommt auch die Erkenntnis, dass lebenslanges Lernen jung hält – denn ein solcher Mensch kann den eigenen Lebensstil immer wieder an die vorhandenen Energieströme anpassen und so körperlich und psychisch gesund bleiben.

Yin und Yang sind zwei dieser Energieströme, die sich gegenseitig so stark beeinflussen, dass sie oft als Begriffspaar genannt werden. Jeder Mensch hat sowohl Yin, als auch Yang in sich, wobei genau das Zusammenspiel der beiden Energieströme alle Bedürfnisse, Wünsche und Verhaltensweisen bezüglich Sex steuert. Als Folge daraus sind Yin und Yang auch bei Themen ausschlaggebend, die Sex beinhalten, also der romantischen Liebe und der Geschlechtsidentität.

Yin und Yang: Grundlagen – Teil 2/5: Was hat das mit Sex zu tun?

Um diese Frage zu beantworten, brauchen wir einen Abstecher in die Geschichte der Evolution:

Die ursprünglichen Lebensformen wie Bakterien, Einzeller und frühe Pflanzen hatten noch keinen Sex. Sie hätten auch keinen haben können, denn das Konzept gab es noch gar nicht. Fortpflanzung funktioniert bei diesen Lebewesen auf eine andere Weise: asexuell, also durch Teilung. Das bedeutet, dass ein Lebewesen zuerst alle Teile von sich kopiert, diese dann zusammenbaut und schließlich als ein weiteres Lebewesen in die Umwelt entlässt. Das Ergebnis sind zwei exakt gleiche Lebewesen, die sich, wenn überhaupt, in nur wenigen Merkmalen unterscheiden – wie eineiige Zwillinge. Der Vorteil dieser Methode ist der relativ geringe Energieaufwand. Der Nachteil ist allerdings groß: Denn fast identische Lebewesen haben alle auch sehr ähnliche bis identische Schwachstellen. Ein Fressfeind, Parasit oder ein Virus kann also eine ganze Spezies über die gleiche Schwachstelle befallen, töten und im äußersten Fall ausrotten.

Um dies zu verhindern, entwickelte sich im Laufe der Evolution die sexuelle Fortpflanzung, also Sex. Spätere Pflanzen, Pilze und Tiere begannen, ihre für die Fortpflanzung benötigten Merkmale innerhalb kompatibler Lebewesen auf zwei Formen aufzuteilen: weiblich und männlich. Die eine Hälfte der Information für ein neues Lebewesen ist in der weiblichen Form gespeichert, die andere Hälfte in der männlichen. Der Vorteil dieser Methode ist ein ganz entscheidender: Wenn beide Hälften der Information getrennt sind und erst später aufeinandertreffen, können sie durchgewürfelt werden, durch einen Prozess namens homologe Rekombination der Chromosomen. Im Wesentlichen ist das so, wie zwei verschiedenfarbige Haufen Sand in einen Kübel zu leeren, und solange umzurühren, bis der Inhalt in etwa gleich durchgemischt aussieht. Heraus kommt jedes Mal ein einzigartiges Lebewesen, mit individuellen Stärken und Schwachstellen. Dadurch müssen Fressfeinde, Parasiten und Viren immer wieder neue Strategien finden, was den angepeilten Lebewesen wiederum Zeit gibt, neue Abwehrmechanismen zu entwickeln, usw. In der gleichen Weise wie bei Fressfeinden haben die jeweiligen Lebensformen außerdem Möglichkeiten, sich an veränderte Umweltbedingungen (wie einem Klimawandel oder einer Naturkatastrophe) anzupassen, und können so besser überleben. Der Nachteil der neuen Fortpflanzungsmethode ist allerdings der höhere Energieaufwand: Da sich die beiden Informationshälften jetzt an getrennten Orten befinden, muss eine die andere zur richtigen Zeit finden, und auf dem Weg eventuelle Hindernisse überwinden. Die andere Hälfte wiederum muss die fehlende Hälfte empfangen und dann das gesamte Paket heranreifen lassen, bis daraus ein überlebensfähiges neues Lebewesen entstanden ist.

Diese Aufgabenteilung ist bereits eine Formulierung von Yin und Yang:

  • Yin entspricht der weiblichen Hälfte, ist also das (die Informationshälfte) aufnehmende und (in ein Lebewesen) wandelnde Prinzip
  • Yang entspricht der männlichen Hälfte, ist also das (die Informationshälfte) gebende und (Leben) anstoßende Prinzip

Yin und Yang: Grundlagen – Teil 3/5: Was sind Fraktale?

Dieser Artikel mag auf den ersten Blick nicht zur Artikelreihe passen. Inwiefern das Thema für Yin und Yang relevant ist, werde ich erklären.

Das Konzept über Fraktale, die Fraktaltheorie, wurde vom Mathematiker Benoit Mandelbrot entwickelt und im Jahr 1975 veröffentlicht. Mittlerweile wird sie als die größte Weiterentwicklung der Mathematik seit dem 18. Jahrhundert angesehen. In seiner Grundidee besagt es, dass alle Strukturen, die von selbst wachsen (wie Lebewesen), oder von selbst zu wachsen scheinen (wie Kristalle und Sterne) dabei sich selbst ähnliche Strukturen bilden. Eine solche Struktur wird dann ein Fraktal, oder mehrere Fraktale, genannt.

Beispiele:

Ein Baum besteht erst einmal aus Wurzeln. Dann wächst ein Stamm, von dem Äste wegstehen, die wiederum Zweige entwickeln. Das Netzwerk aus Wurzeln sieht dem Netzwerk aus Ästen ähnlich, und wie die Äste vom Stamm wegwachsen, sieht ähnlich aus wie die Zweige, die von den Ästen wegwachsen, usw. Die Wurzeln sind ein Fraktal von den Ästen, und die Äste sind fraktal zu den Zweigen. Die Reihenfolge ist allerdings nicht wichtig, sondern nur die Ähnlichkeit: So sind auch die Wurzeln fraktal zu den Zweigen, usw.

Die korrekte Formulierung ist dabei entweder „ist ein Fraktal von“ oder „ist fraktal zu“, mit der gleichen Bedeutung.

Eine häufige Anwendung erfahren die Gleichungen der Fraktaltheorie in Computerspielen und anderen digitalen Medien mit hohem Anspruch an lebensechte Grafik, um genau über solche Ähnlichkeiten Lebewesen und Landschaften realitätsnah zu animieren.

Allerdings gibt es nicht nur physische Strukturen, die von selbst zu wachsen scheinen, sondern auch psychische. So bilden einzelne Ideen und Konzepte genauso wie ganze Ideengebäude, Philosophien, oder Gruppendynamiken zwischen mehreren Menschen gerne ein Eigenleben aus. Solche Strukturen bestehen also ebenfalls aus Fraktalen, welche offenkundig wieder neue Fraktale produzieren. Diese beiden Fraktalmöglichkeiten beeinflussen sich sogar gegenseitig, zum Beispiel wenn eine Idee umgesetzt wird, und die Schlussfolgerungen aus der Umsetzung wiederum die ursprüngliche Idee verändern. Daher kommen Konzepte wie Yin und Yang physisch und psychisch an immer wieder neuen Orten vor.

Wie bereits gesagt, ist die Reihenfolge zur Bestimmung von Fraktalen irrelevant. Wenn allerdings der geschichtliche Verlauf eines Themas bekannt ist, kann es hilfreich sein, die jeweils älteste Form eines Fraktals zu suchen, da sich so andere Fraktale, die sich aus diesem entwickelt haben, leichter identifizieren lassen. Bei Yin und Yang ist das älteste (bekannte) Fraktal die Aufgabenteilung bei der sexuellen Fortpflanzung. Um weitere Fraktale zu finden, macht es daher Sinn, die Evolution der Sexualität zu durchforsten.

Yin und Yang: Grundlagen – Teil 4/5: Sex ist mehr als nur Fortpflanzung

Evolution funktioniert nach dem Faulheitsprinzip: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Klar, denn ein Lebewesen, das unnötigerweise Energie verbraucht, wird die nächste Verknappung an Ressourcen schwerer überleben. Daher muss jeder hohe Energieaufwand durch einen entsprechenden Nutzen gerechtfertigt sein, denn sonst bleibt der Spezies nur, das „teure“ Merkmal rechtzeitig wieder zurückzubilden – oder auszusterben. Eine interessante Folge daraus ist, dass Vorgänge mit einem hohen Energieverbrauch, die bereits einen Nutzen haben, sich oftmals so weiterentwickeln, dass sie noch mehr Vorteile bringen.

Genau das ist mit der sexuellen Fortpflanzung passiert, die verglichen mit der asexuellen Fortpflanzung einen höheren Energieaufwand benötigt. In allen genügend komplexen Lebewesen haben sich Belohnungsmechanismen entwickelt, die sich einschalten, sobald dasjenige Lebewesen eine Handlung setzt, die förderlich für das eigene Überleben ist. Handlungen, die zwar das Überleben fördern, aber gleichzeitig einen hohen Energieaufwand und damit ein gewisses Risiko beinhalten, haben besonders starke Belohnungsmechanismen. Die Belohnung für Sex ist die sexuelle Lust und die anschließende Befriedigung. Beim Menschen und einigen anderen besonders intelligenten Tierarten hat genau dieser Belohnungsmechanismus beim Sex einen weiteren Nutzen bekommen: Zusätzlich zum Sex für Fortpflanzung haben diese Lebensformen eine weitere Form von Sex entwickelt, deren Ziel nicht mehr die Schaffung von Nachkommen ist – nämlich Sex zum Spaß. Bisher ist bekannt, dass große Aras (eine Papageienart), Delfine, einige Menschenaffen wie Schimpansen und Bonobos, sowie Menschen selbst das Konzept von Sex zum Spaß kennen.

Alle diese Lebensformen haben gemeinsam, dass sie eine gewisse Mindestintelligenz haben und in sozialen Gruppen zusammenleben. Sex ist eine lustvolle Handlung, die ein Mitglied der Gruppe mit den anderen Mitgliedern teilen kann. Wenn Individuen der Gruppe nun miteinander lustvollen Sex haben, stärkt das den sozialen Zusammenhalt: Schließlich werde ich einem Gegenüber, das mir Lust bereitet, und mir positive Erfahrungen verschafft, eher helfen, wenn es in einer Notlage ist, als einem anderen Gegenüber, das mir mögliche lustvolle Erlebnisse vermiest, oder sogar lustvolle Situationen aktiv blockiert. Sex zum Spaß erhöht so die Bereitschaft der Gruppenmitglieder, sich gegenseitig zu helfen, also Solidarität zu zeigen, und macht daher jedes einzelne Individuum und infolgedessen die gesamte Spezies überlebensfähiger.

Wenn du der obigen Beschreibung von Solidarität innerlich zugestimmt hast – Gratulation: Du hast die Fairness einer solchen Situation instinktiv verstanden. Das bedeutet, dass du ein unbewusstes evolutionäres Erbe (nämlich das Verständnis von Solidarität) im Bewusstsein hast. Während alle Menschen dieses Erbe in ihren Gehirnwindungen mit sich herumtragen, schlummert es bei der Mehrheit unbewusst und ungenutzt vor sich hin, weswegen sich die meisten erwachsenen Menschen immer wieder in Lebenssituationen wiederfinden, in denen sie entweder ausgebeutet werden oder selbst ausbeuten – eben ohne Solidarität.

Da Sex nicht mehr ausschließlich auf Fortpflanzung abzielte, sondern auch auf den sozialen Zusammenhalt der Gruppe, entwickelten sich zahlreiche sexuelle Spielarten, die für die Fortpflanzung keinen Sinn ergeben, und aus deren Blickwinkel als überflüssig erscheinen. Das berühmteste Beispiel ist Homo- und Bisexualität. Für die Fortpflanzung ist sie irrelevant, die biologisch ja nur über Hetero-Sex möglich ist. Aus Sicht des sozialen Zusammenhalts ist sie eine großartige Entwicklung: Denn Menschen, die bisexuell sind, können grundsätzlich mit den meisten der anderen Gruppenmitglieder lustvollen Sex haben und so die meisten positiven sozialen Vernetzungen aufbauen. Menschen, die rein homosexuell sind, können Druck aus der Gruppe nehmen, indem sie lustvollen Sex haben können, der garantiert keine Nachkommen produziert. So bekommt die Gruppe in Notzeiten nicht noch mehr Mitglieder, während der soziale Zusammenhalt, der ja gerade dann wichtig ist, weiterhin gestärkt wird.

Die Prinzipien Yin und Yang entwickelten sich mit der neuen Situation mit: Geht es um Fortpflanzung, ist Yang als das gebende und anstoßende Prinzip die Seite, die Spermien produziert, und Hindernisse überwindet, um diese zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu bringen. Yin ist als das aufnehmende und wandelnde Prinzip die Seite, die die Spermien aufnimmt, schwanger wird, und neues Leben gebärt. Wenn die Fortpflanzung aber nicht mehr Ziel des Sex ist, oder im Fall von Homosexualität gar nicht passieren kann, macht es keinen Sinn mehr, Yin und Yang so zu beschreiben.

Der neue Nutzen von Sex änderte allerdings nichts am körperlichen Ablauf: Die Körper, die Geschlechtsorgane, und die biologischen Prozesse hinter der sexuellen Lust sind schließlich immer noch dieselben, auch wenn am Ende keine Schwangerschaft herauskommt. Bei Menschen drehen sich Yin und Yang daher um die eine Eigenschaft, die sich klar geändert hatte, also worum es bei Sex zum Spaß vorrangig geht – der Entstehung von lustvollen Gefühlen für alle Beteiligten: Eine Seite gibt und stößt an, die andere Seite nimmt diese Stöße auf und wandelt sie in sexuelle Lust um, die sich auch für die gebende Seite lustvoll anfühlt. Das macht die aktive Seite, die gibt, zum Yang. Und die reaktive Seite, die aufnimmt, zum Yin.

Da aber alle sexuellen Orientierungen vertreten sind, und somit auch zwei gleiche Geschlechtsorgane aufeinandertreffen können, entscheidet sich diese Verteilung nicht mehr daran, wer welche Geschlechtsmerkmale hat, sondern wer eine Handlung als aktiver Mensch durchführt, und wer diese als der reaktive Mensch in sich aufnimmt.

Beispiele:
  • Hetero-Sex:
    Mann stößt Frau mit seinem Penis: Mann = Yang, Frau = Yin
    Frau reitet Mann, Mann liegt still: Frau = Yang, Mann = Yin
  • Homo-Sex:
    Frau fingert weitere Frau: Aktive Frau = Yang, Frau, die gefingert wird = Yin
    Mann hat Analverkehr mit weiterem Mann: Mann, der fickt = Yang, Mann, der sich ficken lässt = Yin

Nun gibt es aber einen Unterschied zwischen den erwähnten besonders intelligenten Tierarten und der Tierart Mensch: Während Tiere mit einem Gegenüber mittels Gerüchen, Körpersprache und einigen Lauten kommunizieren, hat beim Menschen die verbale Sprache einen wesentlich größeren Teil der Kommunikation übernommen. Sie hat sogar einen so großen Stellenwert, dass sie die Art, wie Menschen Yin und Yang über Sex ausdrücken, wesentlich beeinflussen kann. Über verbale Sprache können Menschen nämlich „spielen“, also wie bei einem Spiel Regeln im Konsens ausverhandeln, nach denen der Sex dann abläuft. So können die obigen Handlungen in einen ganz anderen Kontext gesetzt werden.

Zur Wiederholung:

  • Yin ist das aufnehmende und wandelnde Prinzip
  • Yang ist das gebende und anstoßende Prinzip

So kann aus der gebenden Seite eine werden, die nicht nur die körperlichen Handlungen, sondern auch einen Teil oder sogar die gesamte lustvolle Situation „gibt“, diese also herstellt und dann Regie führt. Die aufnehmende Seite wiederum nimmt nicht nur die körperlichen Handlungen auf, sondern folgt den Regieanweisungen, soweit für sie lustvoll, und wandelt so die Fantasie der „Regie“ in realen, für alle Beteiligten lustvollen Sex um. Die Zusammenfassung aller sexuellen Spielarten, die auf diese Weise funktionieren, hat im eurozentrischen Kulturkreis die Bezeichnung BDSM bekommen. Der Einsatz von Regeln, Kontrolle und Konsensverhandlung über verbale Sprache kann die Position von Yin und Yang im Vergleich zu den körperlichen Handlungen sogar umkehren:

Beispiele:
  • Hetero-Sex:
    Mann stößt Frau mit seinem Penis und „befiehlt“ der Frau, sich nehmen zu lassen: Mann = Yang, Frau = Yin
    Mann stößt Frau mit seinem Penis, während ihm die Frau „befiehlt“, wie genau er sie ficken soll: Frau = Yang, Mann = Yin
    Frau reitet Mann, Mann liegt still, Mann sagt der Frau, wie sie es sich besorgen soll: Mann = Yang, Frau = Yin
    Frau reitet Mann, Mann liegt still, Frau benutzt den Körper des Mannes als lustvolles Werkzeug: Frau = Yang, Mann = Yin
  • Homo-Sex:
    Frau fingert weitere Frau, hält sie fest und „befiehlt“ der anderen Frau, auf ihre Finger abzugehen:
    Aktive Frau = Yang, Frau, die gefingert wird = Yin
    Frau fingert weitere Frau, welche aber der ersten ansagt, wie genau sie gefingert werden möchte:
    Frau, die gefingert wird = Yang, aktive Frau = Yin
    Mann hat Analverkehr mit weiterem Mann, hält ihn fest und „befiehlt“ ihm, sich nehmen zu lassen:
    Mann, der fickt = Yang, Mann, der sich ficken lässt = Yin
    Mann hat Analverkehr mit weiterem Mann, welcher aber dem ersten ansagt, wie er ihn ficken soll:
    Mann, der sich ficken lässt = Yang, Mann, der fickt = Yin

Yin und Yang: Grundlagen – Teil 5/5: Was ist BDSM?

BDSM steht eigentlich für drei ineinander verwobene Begriffspaare:

  • B/D – Bondage/Discipline
  • D/S – Dominance/Submission
  • S/M – Sadism/Masochism

Die englischen Bezeichnungen können eins-zu-eins ins Deutsche übersetzt werden:

  • B/D – Bondage/Disziplin
  • D/S – Dominanz/Submission
  • S/M – Sadismus/Masochismus

Es handelt sich dabei um drei verschiedene Spielarten alternativer Sexualität, von denen sich jede der drei Gruppen wiederum in hunderte Feinvariationen mit eigener Bezeichnung auffächert.

Die Schreibweise der Begriffspaare ist ein Symbol: Der linke Buchstabe steht für die Person, die Regie führt, der rechte für die Person, die die Fantasie umsetzt, indem beide die zuvor vereinbarten Regeln befolgen. Das macht die Handlungen der linken Rolle zur aktiven, gebenden und anstoßenden Seite (Yang), und die rechte zur reaktiven, aufnehmenden und transformierenden Seite (Yin). Der Schrägstrich soll ausdrücken, dass die Begriffe Gegensätze darstellen, wird aber als „und“ gelesen, da die aktive und die reaktive Seite ohne einander kein BDSM betreiben können.

Bondage bezeichnet Fesselspiele mit einem aktiven (fesselnden) und einem reaktiven (gefesselten) Menschen. Die bekannteste Spielart ist dabei das Fesseln mit Seilen aus der japanischen Kultur, allerdings können genauso Handschellen, andere Menschen, die den reaktiven Menschen festhalten, oder Halterungen an der Wand als Mittel für Bondage dienen. Auch eine Einschränkung der Sinneswahrnehmungen, zum Beispiel mithilfe einer Augenbinde, fällt in diese Kategorie. Da einschränkende Methoden vom reaktiven Menschen verlangen, dass dieser die „Disziplin“ zeigt, um sich „einschnüren“ zu lassen, heißt die reaktive Rolle im Spiel dementsprechend.

Sadismus/Masochismus steht für das Zufügen von (Lust-)Schmerz mit einem ausführenden und einem empfangenden Menschen. Das kann mit allen Dingen passieren, die Schmerz erzeugen: Klassisch sind Gerätschaften, die zur Zähmung von Pferden entwickelt wurden, wie Reitgerten oder Peitschen, genauso geht es jedoch mit der Hand (was Spanking genannt wird), oder Alltagsgegenständen wie Wäscheklammern, einer Haarbürste, etc. Auch schmerzerzeugende Temperaturunterschiede durch Eiswürfel oder heißes Wachs auf der Haut fallen unter diese Kategorie.

Da nicht wenige Praktizierende gerne mit dafür geeigneten Gegenständen experimentieren, hat sich innerhalb der BDSM-Szene eine DIY-Szene entwickelt, in der sich Menschen Tipps geben, wie Alltagsgegenstände zur besseren Benutzung modifiziert werden können, oder gemeinsam neue basteln.

Die Struktur eines (gesunden) BDSM ist immer dieselbe: Wenn von zwei beteiligten Menschen ausgegangen wird, vereinbaren diese im Vorfeld, über welche Handlungen eine_r die Kontrolle übernimmt, während das Gegenüber die eigene Kontrolle über dieselben Handlungen abgibt. Der Mensch, der kontrolliert, wird Dom(ina) oder Top genannt, der Mensch, der Kontrolle abgibt, Sub oder Bottom. Die Zeitspanne, in der die vereinbarten Regeln gelten, wird Session oder Spiel genannt. Dementsprechend heißt die konkrete Tätigkeit spielen, und Menschen, die eine solche regelmäßig miteinander machen, bezeichnen sich gegenseitig als Spielmenschen, Spielbekanntschaften, etc. Da das Wort spielen sehr ergiebig ist, haben sich zahllose angelehnte Begriffe entwickelt. Zum Beispiel werden Gegenstände, mit denen man jemandem Lustschmerz zufügen kann, gerne mit Spielzeug, Schlaginstrumente, etc. umschrieben.

Ohne Kontrollaustausch funktioniert Konsens verbal über die Sprache (Ja = Ja, Vielleicht = Nein, aber frag später nochmal, Nein = Nein) oder nonverbal über Körpersprache (sich zu jemanden hin / sich von jemandem weg bewegen). Da es im BDSM um gezielten Kontrollaustausch geht – der reaktive Mensch also für Lustgewinn während eines Spiels bewusst auf die Standard-Möglichkeiten zur Konsensherstellung verzichtet – sind zusätzliche Ausdrucksweisen zur Konsensherstellung zwingend erforderlich:

Bei allen BDSM-Spielarten geschieht das in Form von Sicherheitswörtern (Safe Words) und/oder Sicherheitszeichen (Safe Gestures): Der reaktive Mensch / Bottom und der aktive Mensch / Top müssen im Vorfeld Wörter, Geräusche oder Zeichen vereinbaren, mit denen Bottom bei allen Handlungen zu jeder Zeit ein Stoppsignal geben kann, das von Top prompt befolgt wird. Die Worte „Nein“ oder „Stopp“ können ebenso als Stoppsignal dienen wie extra ausgedachte Codewörter. Mindestens ein Stoppsignal muss dabei die komplette Aufhebung des Kontrollaustauschs bewirken: Dann ist das Spiel pausiert oder beendet und alle Beteiligten stehen wieder auf derselben Stufe – und können, wenn benötigt, die Regeln des Spiels auf Augenhöhe neu verhandeln.

Während das Ziel des Kontrollaustauschs bei Bondage/Disziplin Bewegungseinschränkung ist, sowie bei S/M die Erzeugung von (Lust-)Schmerz, hat D/S keine Vorgabe, welchen Bereich die Kontrolle umspannen soll. Daher ist Dominanz/Submission eigentlich die Oberkategorie von Sadismus/Masochismus und Bondage/Disziplin. D/S kann bei jeder beliebigen Handlung stattfinden, weswegen die Beteiligten eines Spiels im Vorfeld nicht nur Möglichkeiten zur Konsensherstellung vereinbaren müssen, sondern auch, welche Handlungen der aktive Mensch für die Dauer des Spiels kontrollieren darf, und bei welchen der reaktive Mensch die eigene Kontrolle behält und auch während des Spiels spontan selbst etwas macht.

So kann die Kontrolle strikt auf ein bestimmtes Thema beschränkt sein – zum Beispiel, wenn bei Bondage/Disziplin der_die Fesselnde nur Anweisungen gibt, die notwendig sind, damit die Fesseln funktionieren, und der gefesselte Mensch keine (ungeplanten) Schmerzen hat. Das Gleiche gilt natürlich für Sadismus/Masochismus. Wenn vereinbart wurde, dass D/S auch für die folgende Handlung gilt, könnte der_die Fesselnde als Dom danach noch andere Menschen ins Spiel einladen und kontrollieren, von wem sich der gefesselte Menschen wie berühren lassen darf.

Ein wichtiger Hinweis: BDSM ohne Sicherheitswörter oder -zeichen oder falls der aktive Mensch auf vereinbarte Stoppsignale nicht reagiert, ist nicht „experimentell“ oder „ein besonderer Kick“, sondern ein Unmöglichmachen einer Konsensverhandlung vonseiten des aktiven Menschen. Wenn der aktive Mensch in einer solchen Situation etwas macht, das der reaktive Mensch nicht will, ist das sexueller Missbrauch! Bei Anzeige wird dieser vom Staat Österreich auch als solcher strafrechtlich verfolgt!