Wofür steht FLIT / FLINT?

Das Kürzel FLIT steht für eine Zusammenfassung verschiedener Gruppen innerhalb der queeren Subkultur, die sich um die Orientierung lesbisch (homoamor) und/oder homosexuell drehen. Es steht für Frauen, Lesben sowie Intergeschlechtliche und Trans-Personen, die sich der lesbischen Szene zugehörig fühlen. Lokale, Veranstaltungen und Workshops mit diesem Kürzel sind safe spaces (engl. geschützte Räume) für die genannten Menschen, und beschränken den Eintritt auf diese Gruppen.

Ein geschützter Raum soll den Menschen darin die Möglichkeit bieten, sich über Themen auszutauschen, und gemeinsame Aktivitäten auszuleben, die vom heteronormativen Mainstream unterdrückt werden – durch Unsichtbarmachung (Alle tun so, es gäbe es die Sache nicht), oder Diskriminierung (Beschimpfungen, Abstempelung als „krank“, Verweigerung von Hilfeleistungen, Verfolgung). Zu diesem Zweck sind aus geschützten Räumen bestimmte Menschen ausdrücklich ausgeladen, die diese Verhaltensweisen mitbringen könnten.

Ausgeladen

Aus einem FLIT-Raum ausgeladen sind lediglich Männer, also Menschen, die mit einem Penis geboren wurden und die keinen Wunsch danach haben, ihre Selbstbezeichnung oder ihr Geschlechtsorgan zu ändern.

Einige Betreiber_innen behaupten, dass Männer deswegen ausgeladen wären, weil sie in einer patriarchalen Gesellschaft im Vergleich zu allen anderen Geschlechtern weniger Unterdrückungsmechanismen ausgesetzt seien und somit bei Themen von Frauen oder nicht-binären Geschlechtern schlecht mitreden könnten.

Der häufigste Grund ist jedoch der folgende:

Im heteronormativen Mainstream, also in der Öffentlichkeit oder beim Fortgehen, gibt es leider erschreckend viele hetero lebende Männer, die zu lesbisch lebenden Menschen nicht gerade nett sind. Dabei ist es egal, ob diese als Paar unterwegs sind, oder ganz einfach offen zeigen, dass sie (auch) Frauen begehren. Diese unfairen und teilweise übergriffigen Verhaltensweisen sind so häufig, dass fast jede offen lesbisch lebende Frau ein negatives Erlebnis mit einem Hetero-Mann erzählen kann, das mit ihrer Orientierung zu tun hatte. Der Ursprung solcher Verhaltensweisen sind un- und teilbewusste patriarchale Überzeugungen, die zu toxischer Männlichkeit, also destruktiven Handlungen und Reaktionen, führen. Nachfolgend habe ich die häufigsten Überzeugungen aufgelistet, und welches Verhalten die betreffenden Männer deswegen ausfahren.

Frauen flirten und haben mit anderen Frauen Sex, um damit die Aufmerksamkeit von Männern zu bekommen.

Hetero-Männer kommen „Lesben schauen“. Das wäre kein Problem, wenn die betreffenden Männer bei einer Aufforderung, nicht zu stören, weggehen würden. Stattdessen schleichen sich solche Männer möglichst nahe an flirtende Frauen heran, und scheuen bei erkennbaren Handlungen auch nicht vor Zwischenrufen zurück. Darin steckt wohl die Hoffnung, dass sie einen Privatporno nach ihren Anweisungen vorgeführt bekommen. Das erzeugt eine richtig schlechte, lauernde Stimmung, in der sich selbst Menschen, die Männer grundsätzlich sexuell anziehend finden, nicht wohlfühlen.

Intersex- und Trans-Menschen wollen durch ihr Aussehen oder Verhalten provozieren.

Hetero-Männer fragen Intersex- und Trans-Menschen, die sie attraktiv finden, gerne aus dem Nichts, was sie denn nun zwischen den Beinen hätten, üblicherweise lautstark, und ohne Rücksicht auf die Umgebung. Und natürlich ohne vorher festzustellen, ob das angesprochene Gegenüber überhaupt an einer Anmache interessiert ist.

Oftmals liefert der betreffende Mann dann auch noch eine Erklärung, warum das Gegenüber nicht das ausgesuchte Geschlecht, sondern eigentlich eine Frau oder ein Mann sei, sich falsch anziehe, oder falsch verhalte. Das hat bei dem Mann den unbewussten Grund, dass er von seiner sexuellen Anziehung zu diesem „uneindeutigen“ Menschen verunsichert ist. Durch Zuweisung des „richtigen“ Geschlechts und Verhaltens will er „beweisen“, dass er trotzdem weiterhin absolut hetero und dominant ist, wie es der Mainstream von ihm fordert. Auch viele Gewalttaten gegen Trans-Menschen haben dieses Motiv.

Das Fragen nach dem Geschlechtsorgan wäre im Zuge einer gegenseitigen Anbahnung kein Problem. Wir leben schließlich in einer Welt, in der es völlig homosexuelle und völlig heterosexuelle Menschen gibt, wo also nicht alle Menschen auf alle Geschlechtsorgane stehen. Außerdem kann jemand nur Sex im Konsens zustimmen, über den der betreffende Mensch vorher genügend informiert wurde. Das zu erwartende Geschlechtsorgan vorzuenthalten oder jegliches Nachfragen zu verunmöglichen oder zu verurteilen, nichtkonsensuell, also übergriffig. Ob die Person, die aus Prinzip nicht gefragt werden will, aus dem Mainstream kommt, nicht-binär, oder trans ist, macht dabei keinen Unterschied: Höfliches Nachfragen ist die einfachste Möglichkeit, diese Information zu erhalten, und muss daher zwischen allen Menschen unproblematisch passieren können.

Das Problem ist bei toxischen Männern vielmehr, wie dieses Nachfragen erfolgt – rücksichtslos, im Befehlston, und mit dem Ziel, das Gegenüber negativen Reaktionen der unmittelbaren Umgebung auszusetzen.

Frauen sind nur als Überbrückung lesbisch, bis sie „den Richtigen“ gefunden haben.

Hetero-Männer baggern anwesende Frauen an, und lassen sich weder durch ein höfliches „Nein“, noch durch „Ich stehe nicht auf Männer“ abwimmeln, in der Annahme, dass sie „der Richtige“ sein könnten. Eine andere Ausprägung davon sind Hetero-Männer, die Lokale der Schwulenszene besuchen, um dort Frauen aufzureißen. Deren Gedankengang geht folgendermaßen: Die Männer sind schwul, die Frauen jedoch keine Lesben, sondern hetero und Freundinnen der anwesenden Schwulen. Da die anwesenden Männer also keine Konkurrenz sind, hätten sie als „Hahn im Korb“ bei den Frauen leichtes Spiel. Dieser Glaubenssatz würde wohl unter „so dumm, dass es wieder lustig ist“ fallen. Leider verhalten sich die entsprechenden Männer üblicherweise übergriffig, indem sie nach einem „Nein“ die angebaggerte Lesbe üblicherweise bedrängen oder beschimpfen, da sie ihren Irrtum nicht einsehen wollen.

Lesbische Paare haben ohne Penis keinen richtigen Sex und sehnen sich daher nach einem Dreier mit einem Mann.

Hetero-Männer belagern und baggern lesbische Paare aggressiv an. Dabei hilft ein höfliches „Nein“ genauso wenig wie „Das ist meine Freundin, wir sind monogam“.

Ein problematisches Konzept

Männer auszuladen ist daher die einfachste Methode, damit die anwesenden Lesben keiner toxischen Männlichkeit ausgesetzt sind. Unter sich können sie sich auf das konzentrieren, wozu sie in die lesbische Szene gehen:

  • Frauen und nicht-binäre Menschen für Sex oder eine Beziehung kennenzulernen,
  • oder Bekannt- und Freundschaften mit dem gemeinsamen Thema Lesbisch sein zu pflegen.

Das vorhandene Konzept hat allerdings mehrere Probleme: Sowohl die eingeladenen als auch die ausgeladenen Personen sind schwammig definiert. Das schafft innerhalb der queeren Szene sowie unter Beteiligten der eingeladenen Gruppen ständige Konflikte um bestimmte Themen:

  1. Alle Männer auszuladen unterstellt gleichzeitig allen Männern, gegenüber Lesben und dort anwesenden Menschen garantiert unfair oder übergriffig zu werden. Das stimmt jedoch für viele Männer einfach nicht, die sehr wohl fähig sind, sich zivilisiert zu unterhalten, oder ein „Nein“ ohne Herumjammern zu akzeptieren. Dadurch vertreibt die Szene Männer, die sich sonst für die queere Szene engagieren, und/oder mit wichtigen Themen für Frauen in Berührung kommen würden. Beides würde dabei helfen, dass Männer im Alltag besser gegen Unsichtbarmachung und Diskriminierung auftreten könnten.
  2. Bisexuelle Frauen und nicht-binäre Geschlechter, die in einer Beziehung mit einem Mann leben, dürfen ihren Partner zu Veranstaltungen nicht mitbringen. Im Gegensatz dazu sind Paare aus Frauen oder nicht-binären Geschlechtern oftmals gemeinsam in der Szene unterwegs. Dadurch engagieren sich bisexuelle Menschen in der Szene weniger, und werden genauso wie im heteronormativen Mainstream unsichtbar gemacht.
  3. Frauen mit maskulinem Aussehen (Butch, Dyke) beklagen, das sie von anderen Menschen in der Szene für einen Mann gehalten werden. Das wiederum kann Anlass geben, dass die Teilnahme an der gewünschten Veranstaltung infrage gestellt, oder sogar der Zutritt verweigert wird.
  4. FTM-Trans-Männer haben oft eine Verbindung zur lesbischen Szene, da sie entweder vor der eigenen Transition in dieser unterwegs waren, oder danach den erhöhten Schutz vor Diskriminierung in Anspruch nehmen. Ihr Zutritt zu diesen geschützten Räumen „ohne Männer“ impliziert jedoch, dass sie „nicht so ganz Mann“ wären, was etwa Gegner von zentralen Transgender-Rechten gerne als Argument aufgreifen.
  5. MTF-Trans-Frauen, die andere Frauen begehren, gehen während oder nach ihrer Transition aufgrund gleicher Interessen, und dem erhöhten Schutz vor Diskriminierung oftmals in die lesbische Szene. Das wird von Teilen der queeren Szene kritisiert, mit der Begründung, dass die meisten Trans-Frauen „als Mann“ erzogen wurden, und damit entweder bei Frauenthemen nicht mitreden könnten, oder genauso wie Männer toxische Männlichkeit in die Szene bringen würden.
  6. Ausgeladene Männer werden als „Menschen mit Penis“ definiert, während andere Menschen mit einem männlichen Geschlechtsorgan jedoch eingeladen sind. In einem Raum, in dem sich mehr als zwei Geschlechter entfalten können, verschwindet auch die „binäre“ Zuordnung von Geschlechtsorganen: Alle Begriffe – Frau, Mann, Trans(gender), sowie die Selbstbezeichnungen von nicht-binären Menschen – enthalten keine Aussage über das vorhandene Geschlechtsorgan. Das heizt immer wieder die Diskussion an, ob das primäre Geschlechtsorgan (Vulva, Penis, oder Intersex) beim Zutritt überhaupt nicht relevant sein darf, oder doch berücksichtigt werden sollte.
  7. Diese Diskussion wird teilweise von erbitterten Fraktionen geführt, von denen einige Gruppierungen wie TERF (Trans-Exclusionary Radical Feminists) den völligen Ausschluss von Trans-Menschen fordern, um wieder eine „binäre“ Ordnung herzustellen, und dies u. A. mit paranoiden Interpretationen begründen, wie dass Trans-Frauen Männer wären, die sich als Frauen verkleiden, um Lesben verführen zu können.
  8. Währenddessen findet die angeblich transfreundliche Gegenseite bereits jede Erwähnung eines Zusammenhangs zwischen Geschlecht und Körperlichkeit „transphob“ – außer bei Hetero-Männern, deren Ausschluss nach wie vor mit einer körperlichen Eigenschaft begründet wird. Konkrete Lösungsansätze fǘr die alltägliche Unsichtbarmachung oder Maßnahmen gegen Gewalt an nicht-binären und Trans-Menschen kommen hingegen im gesamten Diskurs nicht vor.
Updates

Im Jahr 2017 setzte sich mit FLINT allmählich ein neues Kürzel für dieselbe Szene durch, das wahlweise auch mit Stern (FLINT*) geschrieben wird. Das neue N steht für nicht-binäre Personen, also weitere Geschlechter abseits der binären Geschlechter Frau und Mann. Das Kürzel lädt also nun Frauen, Lesben, Intergeschlechtliche Personen, Nicht-binäre Geschlechter und Trans-Personen ein. Intergeschlechtliche fallen jedoch unter die Gruppe der nicht-binären Geschlechter, wodurch die Bedeutung des I doppelt vorkommt.

Im Jahr 2019 tauchte die Entwicklung auf, das L für Lesben fallweise wegzulassen, sodass FINT übrigbleibt. Dadurch fühlen sich jedoch einige lesbische Frauen unsichtbar gemacht, insbesondere ältere Lesben, die die heutige Szene mit aufgebaut haben. Hinter FINT steckt allerdings die Überlegung, nur noch die eingeladenen Geschlechter im Kürzel zu haben, welche alle lesbisch leben können, was eine extra Erwähnung überflüssig machen würde, genauso wie Buchstaben für andere sexuelle Orientierungen oder Lebensweisen.