Die Distanzskala – Teil 2/6: Alle patriarchalen Dynamiken oder: Treffen sich zwei im Patriarchat erzogene Menschen…

Sobald zwei Ausprägungen der Distanzskala aufeinander treffen, entfalten sie eine je nach Schweregrad problematische oder toxische zwischenmenschliche Dynamik – ein Rollenreaktions-Bullshit-Bingo (Danke an Oligotropos für die Wortschöpfung).

Eine Dynamik der Distanzskala wird losgetreten, wenn:

  1. Eine Seite ein unfaires sexuelles oder romantisches Interesse hat: Ein Mensch stellt Sex oder Liebe in Aussicht, und bekommt dafür Aufmerksamkeit, ohne davon etwas einzulösen. Dabei ist es egal, „wer angefangen hat“. Es reicht, wenn lediglich eine Seite das Spielchen fährt, und die andere Seite damit nur in Kontakt kommt. Allerdings läuft die Dynamik natürlich schneller, wenn beide Seiten von vorneherein ein solches unfaires Interesse haben.
  2. Entgegengesetzte Rollen aufeinander treffen: Es braucht einen Menschen in der Rolle „Frau“ und einen Menschen in der Rolle „Mann“. Das liegt daran, dass ein sexuelles oder romantisches Interesse generell nur zwischen Yin und Yang entstehen kann. Die patriarchalen Rollen sind in dieser Betrachtung eine historisch entstandene toxische Kopie dieses Zusammenspiels: Die Rolle „Frau“ ist ein toxisches Yin (ohne den weißen Yang-Punkt), und die Rolle „Mann“ ist ein toxisches Yang (ohne den schwarzen Yin-Punkt).

Aus den beiden Bedingungen ergeben sich dann 10 verschiedene Dynamiken: (vier mal die gleichen vier, minus Duplikate). Diese zehn Situationen entsprechen dann vielzitierten „typischen“ Konflikten und Klischees zwischen Frauen und Männern, die aus eigenen Erfahrungen, Erzählungen anderer und der Popkultur bekannt sein werden.

Dabei stimmt die Rolle zwar oft mit dem Geschlecht überein, jedoch können die Rollen genauso:

  • „vertauscht“ sein: die Frau verhält sich in der Rolle „Mann“, und der Mann in der Rolle „Frau“,
  • zwischen zwei Frauen vorkommen: eine Frau verhält sich in der Rolle „Frau“, ihre Partnerin in der Rolle „Mann“,
  • zwischen zwei Männern vorkommen: ein Mann verhält sich in der Rolle „Mann“, sein Partner in der Rolle „Frau“,
  • alle Geschlechter (Intersex, Transgender, Nicht-binär, etc.) treffen: Wir wurden alle im Patriarchat erzogen, und haben diese Rollen leider verinnerlicht.
Das Patriarchat in der Popkultur

Da die patriarchalen Rollen in jeder patriarchalen Gesellschaft allgegenwärtig sind, sind es ebenso die Ausprägungen der Distanzskala. Daher kommen die typischen Konflikte zwischen zwei Menschen jeder Stufe in den meisten Geschichten, Liedern, Serien, und Filmen vor, deren Handlung Probleme zwischen Menschen abbildet, die Sex anbahnen, miteinander Sex haben, eine romantische Beziehung anbahnen, oder in einer Beziehung sind.

Im Folgenden habe ich daher einige Lieder zusammengetragen, deren Liedtexte und Stimmungen das Aufeinandertreffen der jeweiligen Stufen ziemlich gut beschreiben. Da die Distanzskala ein Modell über toxische Dynamiken ist, handeln natürlich auch die Lieder, welche diese Dynamiken besingen, von Menschen, die Andere ausnutzen, einer unglücklichen Verliebtheit oder Beziehung, oder einer hässlichen Beziehungstrennung.

Alle Lieder gibt es auch als Playlist auf Spotify:

Auch fiktive Charaktere – egal ob aus einem Buch, einer Serie, oder einem Film – eignen sich für eine Zuordnung der Distanzskala. Da ich die bekannten Sitcoms „Friends“, „How I Met Your Mother“, sowie „The Big Bang Theory“ vollständig gesehen habe, nehme ich deren Hauptcharaktere als Beispiel für die Stufen der Distanzskala im Mainstream. Als Kontrast verwende ich die Serie „The L Word“ – eine Produktion über Lesben und deren Subkultur – um zu zeigen, dass die patriarchalen Rollen, und somit die Stufen der Distanzskala, auch abseits des heteronormativen Mainstreams unbeirrt weiterlaufen.

Wissenswertes über Stufe 1:

Die Rollen / Verhaltensmuster Entitlement Girl sowie Entitlement Guy sind in einer patriarchalen Gesellschaft die „Grundeinstellung“ der Geschlechter.

Die patriarchale Rolle „Frau“ und die patriarchale Rolle „Mann“ haben ihre wesentlichen Unterschiede im Herangang an Sex sowie in einer romantischen Beziehung. Typisch für Stufe 1 ist daher, dass sich das Bedürfnis nach Anerkennung und Aufmerksamkeit zentral an (mögliche) Sexkontakte und (mögliche) Beziehungspartner_innen richtet. Allerdings nicht als (gesunde) ehrliche Wunschäußerung, sondern verpackt in unfaire Erwartungen (engl. Entitlement) an das Gegenüber.

Diese Erwartungshaltungen strahlen allerdings auch in Lebensbereiche aus, die auf den ersten Blick nicht hineinpassen: So kann ein Arbeitskollege eine unfaire Erwartung an eine Arbeitskollegin haben, was dann zu einer Ungleichbehandlung einzig und allein aufgrund einer Geschlechterzuordnung (Sexismus) führen kann. Das Vorhandensein dieser Ungleichbehandlung an genau diese Frau kommt allerdings nicht aus „dem System“ – sondern aus der Tatsache, dass der ausführende Mann die Frau unbewusst attraktiv findet. Genauso kann aber auch eine Frau in einer Freundschaft sexistisch sein, zum Beispiel, wenn sie einen befreundeten Mann immer wieder vor unfaire, unerfüllbare Aufgaben stellt, während sie von einer befreundeten Frau viel weniger erwartet. Das kommt genausowenig davon, dass „Frauen eben Ansprüche haben“ – sondern aus der Tatsache, dass sie sich aus der Freundschaft unbewusst „mehr“ erhofft.

Das Patriarchat versteckt sich allerdings in allen zwischenmenschlichen Eigenschaften, die etwas mit Sex oder Liebe zu tun haben. Daher findet sich Patriarchat nicht nur in sexueller und romantischer Anbahnung, egal wie unbewusst und um wie viele Ecken. Sondern in jeder Eigenschaft, die sich dazu eignet, sexuelle oder romantische Attraktivität (oder ein Desinteresse daran) auszudrücken. Darum kennen alle patriarchalen Gesellschaften kaum eine Eigenschaft ohne Geschlechterzuordnung: Es gibt erwartete Kleidung, Ausdrucksweise, Freizeitgestaltung, usw. Dabei kann jede dieser Eigenschaften ein Entitlement / eine unfaire Erwartung auslösen: das Gegenüber möge sich gefälligst genau so (!!!) kleiden, ausdrücken, beschäftigen! Daher hat sowohl ein Entitlement Girl als auch ein Entitlement Guy wahrscheinlich hunderte solcher Entitlements, mit noch einmal hunderten Variationen je nach Kultur, sozialer Schicht, und Lebensgeschichte.

Fiktive Entitlement Girls:

The Big Bang Theory: Penny

Friends: Phoebe Buffay

The L Word: Tina Kennard

Entitlement Girl singt über sich selbst:

Shakira – Underneath Your Clothes

Christina Aguilera – Genie In a Bottle

Sugababes – Push The Button

Spice Girls – Wannabe

Shania Twain – I’m Gonna Get Cha Good

Fiktive Entitlement Guys:

The Big Bang Theory: Howard Wolowitz

Entitlement Guy singt über sich selbst:

Aus der Serie „American Dad!“, Staffel 1, Episode 12: Stan (Seth MacFarlane) – I Want A Wife (Not A Partner)

Stufe 1 trifft auf Stufe 1:

Hier trifft eine typische Frau auf einen typischen Mann, also ein Entitlement Girl auf einen Entitlement Guy (oder umgekehrt). Beide fahren jeweils eine anerzogene Doppelmoral: Jede Seite hat für die eigene Rolle typische, unfaire Erwartungen an das Gegenüber, das diese sofort, ohne Gegenleistung, und am besten noch freudig erfüllen soll.

Ein Entitlement Girl erwartet etwa, dass ihr der Mann jedes ihrer Bedürfnisse von den Augen abliest und sofort erfüllt, noch bevor sie etwas sagen müsste. Ein Entitlement Guy möchte hingegen, dass sich die Frau jede seiner häufigen Jammertiraden vollständig anhört, und dann die Ursache der Beschwerden sofort erleichtert.

Entitlement Girl singt über Entitlement Guy:

Barbara Schöneberger – Das bisschen Haushalt

Aretha Franklin – Respect

Entitlement Guy singt über Entitlement Girl:

Robin Thicke, Pharrell Williams – Blurred Lines

Wissenswertes über Stufe 2:

Ein Material Girl oder Frauenversteher auf Stufe 2 hat unbewusst die eigenen Prioritäten verlagert. Während auf Stufe 1 noch Aufmerksamkeit und Anerkennung des sexuellen Interesses oder Beziehungspartners am wichtigsten sind, geht es auf Stufe 2 aufgrund der Enttäuschungen zu zweit hauptsächlich um die Anerkennung von möglichst vielen anderen Menschen. Daraus erklären sich alle typischen Verhaltensweisen der Stufe 2: Die unbedingte Anpassung an die Erwartungen der Mehrheit des sozialen Umfelds, sowie die Tendenz zu heimlichen Flirts oder einer heimlichen Affäre:

  • viel Anerkennung auf einmal des neuen Menschen,
  • Rache für die fehlende Anerkennung des_der Beziehungspartner_in,
  • die Möglichkeit, Menschen zu „testen“, die für dieselbe Anpassung mehr Aufmerksamkeit „bezahlen“ – als Reserve, falls die vorhandene Beziehung nicht mehr genügend liefert,
  • Heimlichkeit, damit die Anerkennung der (sexuell geschlossenen) Mehrheit weiterhin passiert.
Fiktive Material Girls:

The Big Bang Theory: Amy Farrah Fowler

Friends: Monica Geller, Rachel Green

The L Word: Alice Pieszecki

Material Girl singt über sich selbst:

Madonna – Material Girl

Timna Brauer – Chesterfield Girl

Fiktive Frauenversteher:

The Big Bang Theory: Leonard Hofstadter

Friends: Chandler Bing, Ross Geller

How I Met Your Mother: Marshall Eriksen

The L Word: Bette Porter, Helena Peabody

Frauenversteher singt über sich selbst:

Udo Jürgens – Ich war noch niemals in New York

Fettes Brot – Jein

Seeed – Ding

Stufe 1 trifft auf Stufe 2:

Ein Mensch hat die Entitlements des Gegenübers langsam satt. Ständig herrscht schlechte Stimmung oder hagelt es Vorwürfe – nie kann er_sie es Recht machen. Um auch mal Ruhe zu haben, beginnt der Mensch, immer öfter nachzugeben, also dem Entitlement Girl / Entitlement Guy nicht mehr zu widersprechen, und „für einen netten Abend“ oder „für den Hausfrieden“ zu tun, was gerade eben verlangt wird – und rutscht damit auf Stufe 2, wird also zu einem Material Girl oder Frauenversteher.

Wer jetzt meint, dass auch mal nachgeben zu können wichtig für eine Beziehung ist, hat Recht. Doch hier gibt immer nur der Mensch auf der Stufe 2 nach, während der Mensch auf Stufe 1 die völlige Erfüllung seiner (von vorneherein unfairen) Erwartungen bekommt. Dadurch hat Stufe 2 zwar kurzfristig Ruhe, weil Stufe 1 ausnahmsweise mal zufrieden ist. Mittelfristig wird Stufe 2 jedoch immer unzufriedener, da die eigenen Bedürfnisse dauernd zu kurz kommen. Stufe 2 beginnt daher, eine Gegenleistung zu erpressen, indem er_sie das zentrale Bedürfnis des Gegenübers nur gegen „Bezahlung“ im Voraus erfüllt: Ein Material Girl hat nur dann Sex, wenn er ihr etwas Schönes gekauft hat, oder sie zusammen einen romantischen Film gesehen haben. Ein Frauenversteher geht nur dann auf ein Date, oder kuschelt ausgiebig, wenn sie mal wieder einen Blowjob springen ließ.

Material Girl singt über Entitlement Guy:

Lucilectric – Mädchen

Barbara Schöneberger – Männer muss man loben

Tammy Wynette – Stand By Your Man

Frauenversteher singt über Entitlement Girl:

Reinhard Mey – Noch’n Lied

Revolverheld – Ich lass für dich das Licht an

Georg Danzer – I bin a Kniera (Die goldene Kniescheibe)

Bodo Wartke – Ja, Schatz! (Inhaltswarnung: graphische Schilderung einer Mordfantasie)

EAV – Einmal möchte ich ein Böser sein

Für Stufe 1 erscheint Stufe 2 vorerst als ein angenehmer, netter Mensch, der Bedürfnisse sofort erfüllt, im Gegensatz zu anderen Menschen auf Stufe 1, die ständig die Wünsche des Gegenübers ignorieren, und ihre eigenen unfair einfordern. Deshalb fühlen sich Menschen auf Stufe 1 sexuell und romantisch eher zu Menschen auf Stufe 2 als zu ihrer eigenen Stufe hingezogen. Nach einiger Zeit begreift Stufe 1 jedoch, dass die eigenen Wünsche nur dann erfüllt werden, wenn er_sie einen Vorschuss auf ein „Konto“ eingezahlt hat (in Form von Zeit, Sex, Rechnungen bezahlen, etc.).

Wenn Stufe 1 genügend gesunde Anteile hat, konfrontiert er_sie an dieser Stelle bald den Menschen auf Stufe 2. Dadurch fliegen nicht selten dessen Heimlichkeiten bis hin zu einer heimlichen Affäre auf. Wenn Stufe 2 einen Menschen an der Angel hat, der_die mehr Vorschuss für dieselbe Anpassung liefert, verlässt Stufe 2 an dieser Stelle Stufe 1 „für die Affäre“.

Entitlement Guy singt über Material Girl:

Kanye West, Jamie Foxx – Gold Digger

CeeLo Green – F*ck you

Entitlement Girl singt über Frauenversteher:

JoJo – Leave (Get Out)

Rihanna – Take a Bow

Haben Stufe 1 und Stufe 2 hingegen weiter Sex oder eine Beziehung, versucht Stufe 1, den Misstand auszugleichen, indem er_sie ebenfalls nur gegen einen Vorschuss Aufmerksamkeit hergibt – und wandert dadurch ebenfalls auf Stufe 2.

Stufe 2 trifft auf Stufe 2:

Beide Menschen haben in der Beziehung als wichtigstes Ziel die Anerkennung der Mehrheit ihres sozialen Umfelds. Daher befinden sich zwei Menschen auf Stufe 2 in einem ständigen Konkurrenzkampf um die Aufmerksamkeit anderer Menschen: Ein Material Girl setzt Sex ein, damit er ihr etwas Schönes kauft, das sie dann ihren neidischen Freundinnen, Arbeitskolleginnen oder Nachbarn stolz präsentieren kann. Ein Frauenversteher setzt romantische Aufmerksamkeit und Geld ein, damit sie sich genauso kleidet und verhält, damit ihn seine Kumpels, Arbeitskollegen, oder Nachbarn um seinen „Fang“ beneiden. Natürlich eignet sich dafür jedes andere Statussymbol, wie der tolle Job, den er haben muss, oder das schöne Haus, das sie einrichtet, etc. Um die persönlichen Bedürfnisse der beteiligten Menschen geht es fast nie.

Material Girl singt über Frauenversteher:

Black Eyed Peas – My Humps

Peggy Lee – Big $pender

Frauenversteher singt über Material Girl:

Die Prinzen – Alles nur geklaut

Frauenversteher und Material Girl singen übereinander:

Big Brovaz – Favourite Things

Aus der Serie „Buffy the Vampire Slayer“, Staffel 6, Episode 7 (die Musical-Folge):
Xander (Nicholas Brendon) and Anya (Emma Caulfield) – I’ll Never Tell

So steigt die Frustration, bis die Beteiligten mehr nebeneinander als miteinander leben. Aus Sicht der Umgebung sind solche Paare oft das perfekte Paar, dessen Beteiligte aus Sicht der Umgebung „alles (erreicht) haben“. Aus diesem Grund kommt es für Freunde und Bekannte meistens überraschend, wenn dieses Paar eines Tages in einen heftigen Beziehungskrach ausbricht – entweder über all die verschwiegenen Bedürfnisse, oder weil eine heimliche Affäre aufgeflogen ist.

Der häufigste Ausgang dieses Beziehungskrachs ist eine hässliche Beziehungstrennung, weshalb es genau über dieses Szenario bekannte Lieder gibt:

Material Girl singt über Frauenversteher:

Gitte Haenning – Ich hab geglaubt, du bist verliebt

Frauenversteher singt über Material Girl:

Sunrise Avenue – Fairytale Gone Bad

Frauenversteher und Material Girl singen übereinander:

Gotye and Kimbra – Somebody That I Used To Know

Haben Stufe 2 und Stufe 2 hingegen weiter Sex oder eine Beziehung, kann das in zwei Dynamiken münden:

Wenn beide Menschen auf Stufe 2 genügend gesunde Anteile haben, kann eine solche Krise eine Auseinandersetzung mit den eigenen Wünschen bewirken, etwa in eine Paartherapie nach einer Affäre und eine bessere Kommunikation über eigene Wünsche in der Beziehung. Dadurch wandern beide Beteiligte üblicherweise zurück auf Stufe 1.

Gefährlich wird es jedoch, wenn eine Seite auch aufgrund vorheriger negativer Erfahrungen in Beziehungen emotional so enttäuscht ist, dass er_sie dem Gegenüber nicht mehr vertraut. Der Mensch hat schließlich x-mal erlebt, dass eine „Einzahlung“ den zugrundeliegenden Wunsch nicht erfüllte, oder dass das Gegenüber die Erfüllung in einer Art „erledigte“, dass es den Aufwand nicht wert war. Wozu sich also noch anstrengen – „Liebe geht doch nur im Film gut aus!“.

Fortan zeigt dieser Mensch bei Andeutungen einer möglichen Wunscherfüllung oder Forderungen nach einer „Einzahlung“ die kalte Schulter, und wird so für Wünsche emotional unerreichbar. So ein Mensch arbeitet dann nicht an der Beziehung – „Man wird eh nur ausgenutzt!“ – trennt sich aber auch nicht – „Es sind doch alle so!“. Das verbliebene Gegenüber auf Stufe 2 hat damit die Hauptquelle an Aufmerksamkeit verloren – und kommt, sobald es bedürftig ist, auch ohne „Einzahlung“ angekrochen. Damit „gewinnt“ der enttäuschte Mensch das Spielchen von Stufe 2 – wandert dadurch jedoch auf Stufe 3.

Wissenswertes über Stufe 3:

Einem Menschen auf der Stufe 3, also einer Bitch oder einem Traumprinzen, geht es zwar immer noch um die Anerkennung möglichst vieler Menschen, jedoch gestalten diese die Suche nach Anerkennung „effizienter“: Die Meinung der Mehrheit des sozialen Umfelds ist nur solange wichtig, bis sich ein Opfer findet, welches sich durch Manipulationen leicht ausbeuten lässt, also für möglichst wenig Aufwand möglichst viel Aufmerksamkeit zur Verfügung stellt.

Im sozialen Umgang tragen sowohl Bitch als auch Traumprinz eine „Maske“: Sie sagen oder machen ganz genau das, was das Gegenüber ihrer Einschätzung nach hören will, und bekommen damit im Vergleich zu den unteren Stufen schnell viel Interesse, Bewunderung, oder einfach Aufmerksamkeit. Die Manipulation gelingt, weil die „Maske“ die Bedürfnisse des tragenden Menschen versteckt oder verschleiert. Dadurch bleibt eine leere „Leinwand“ übrig, auf die ein unbefriedigtes, unglückliches Gegenüber die Bereitschaft zur Erfüllung der dringendsten eigenen sexuellen oder romantischen Wünsche projeziert.

Bei einem anfälligen Gegenüber äußert sich diese Projektion als Idealisierungsfantasie: Der Mensch auf der Stufe 3 ist dann plötzlich „sooo toll“ oder „sooo interessant“, ohne dass dieser Mensch irgendetwas Tolles oder Interessantes getan hätte. Wenn sich die Menschen bereits kennen, lassen sich für Außenstehende bei Stufe 3 sogar eindeutig ungute und verletzende Reaktionen erkennen, die sich der betroffene Mensch mit der Idealisierung üblicherweise wegerklärt. Je kompatibler die Menschen hinsichtlich Erziehung und Werthaltungen sind, desto konkreter kann die Idealisierungsfantasie werden. Deshalb haben für Idealisierungen anfällige Menschen üblicherweise einen „Typ“, und „verfallen“ nicht automatisch jedem Menschen auf Stufe 3.

Die Dynamik zwischen einer Frau auf Stufe 1 (Entitlement Girl) oder Stufe 2 (Material Girl) und einem Mann auf Stufe 3 (Traumprinz) ist darüber hinaus einer der Grundpfeiler des Patriarchats, weil sie bei Frauen die Rolle „Frau“ mit der Unterdrückung von sexuellen Bedürfnissen, und bei Männern die Rolle „Mann“ mit der Unterdrückung von emotionalen Bedürfnissen exponentiell verstärkt.

Für Männer, die keine Traumprinzen sind, ist diese Dynamik oft völlig unverständlich: „Ich würde eine Frau niemals so behandeln! Warum läuft sie diesem Arschloch nach??“

Ein Mann singt über einen Traumprinz auf Stufe 3:

Wolf Bachofner – Der schöne Heinrich

Dieser Frage habe ich daher einen eigenen Artikel gewidmet: Warum stehen Frauen auf Arschlöcher?

Hinter der Maske

Diese Dynamik ist jedoch nicht nur für den Menschen mit einer Idealisierungsfantasie toxisch. Menschen auf Stufe 3 „verlieren ihre Seele“, bis sie bald selbst nicht mehr wissen, was jetzt Maske, und was sie selbst sind. Solche Menschen suchen dann in anderen Menschen, was sie in sich selbst nicht mehr finden: Selbstwertgefühl, Sinn, Identität, etc. Das macht Menschen auf Stufe 3 völlig abhängig von der „richtigen“ Aufmerksamkeit anderer Menschen, welche sie sich „organisieren“, indem sie ihr soziales Umfeld immer härter kontrollieren.

Da Maske und Machtspielchen viele emotionale Ressourcen fressen, ist Stufe 3 ständig auf der Suche nach einer „billigeren“ Aufmerksamkeitsquelle. Sobald ein Mensch zu „aufwändig“ wird, indem er_sie Stufe 3 hinterfragt, oder gar die Versprechungen der „Maske“ einfordert, verschwindet Stufe 3 schlagartig, um die gesuchte Aufmerksamkeit woanders zu konsumieren. In einer Beziehung versprechen Menschen auf Stufe 3 daher gerne Bindung (das bringt die wertvollste Form von Aufmerksamkeit) und verweigern sie im Anlassfall („Was, du bist krank? Nein, ich hab gerade keine Zeit.“). Oder beenden sogar plötzlich die Beziehung, nur um wenig später (ohne andere Aufmerksamkeitsquelle) wieder zurück zu wollen. Solche Aktionen bezeichnen Menschen auf Stufe 3 dann gerne als „erwachsen“, „unabhängig“, oder „Freiheit“.

Fiktive Bitches:

The Big Bang Theory: Bernadette Rostenkowski

How I Met Your Mother: Lily Aldrin, Robin Scherbatsky

The L Word: Jenny Schecter (am Anfang der Serie)

Bitch singt über sich selbst:

Icona Pop – I Love It

Aus dem Musical „Cabaret“: Sally Bowles  – Mein Herr

Ariana Grande – Thank U, Next

Nelly Furtado – I’m Like a Bird

Anouk – Nobody’s Wife

Fiktive Traumprinzen:

Friends: Joey Tribbiani

How I Met Your Mother: Barney Stinson, Ted Mosby

The L Word: Shane McCutcheon, Eva „Papi“ Torres

Traumprinz singt über sich selbst:

David Lee Roth – Just a Gigolo / I Ain’t Got Nobody

Genesis – I Can’t Dance

Metallica / Bob Seger – Turn the Page

The Who / Limp Bizkit – Behind Blue Eyes

The Verve – Bitter Sweet Symphony

Stufe 1 trifft auf Stufe 3:

Ein Traumprinz oder eine Bitch kann durch die „Maske“ bei einem anfälligen Menschen auf Stufe 1, also einem Entitlement Girl oder Entitlement Guy, eine Idealisierungsfantasie auslösen. Da Menschen auf Stufe 1 ihre Bedürfnisse zumindest irgendwie mitteilen, wenn auch in einer unfairen Art, bekommen sie diese auch öfter erfüllt. Sie sind daher nicht so unglücklich wie Menschen auf höheren Stufen, wodurch die Idealisierungsfantasie nicht voll anfährt.

Für Stufe 1 reagiert Stufe 3 durch das typische „Komm her – geh weg“-Spielchen immer wieder unvorhersehbar, und erscheint dadurch als „erfahren“, „interessant“, oder einfach „anders“ – im Gegensatz zu anderen Menschen auf Stufe 1, die immer die gleichen ignoranten Manöver probieren. Dann gibt es aber noch Menschen auf Stufe 2, die nett und angenehm wirken, im Gegensatz zu den „Launen“ von Stufe 3. Deshalb fühlen sich Menschen auf Stufe 1 erst einmal sexuell und romantisch zu Menschen auf Stufe 2 hingezogen.

Nach einiger Zeit jedoch langweilt sich Stufe 1 mit Stufe 2, und zwar sobald Stufe 2 durch die immer gleichen „Ja, Schatz“-Reaktionen ebenfalls vorhersehbar wird. An dieser Stelle findet Stufe 1 einen unvorhersehbaren Menschen auf Stufe 3 plötzlich ungeheuer interessant. Im Gegensatz zu Stufe 2 fühlt sich Stufe 1 zwar hingezogen, merkt aber irgendwie, dass „etwas nicht stimmt“. So kann es passieren, dass er_sie „rausfällt“, und das ungute Verhalten von Stufe 3 eine Zeit lang unattraktiv findet, bevor er_sie wieder „reinfällt“ und erneut Stufe 3 nachläuft.

Entitlement Girl singt über Traumprinz:

The Black Eyed Peas – Don’t Phunk With My Heart

Pat Benatar – Treat Me Right

Skunk Anansie – Hedonism (Just Because You Feel Good)

Alicia Keys – Fallin‘

Maria Bill – I mecht landen

Miley Cyrus – Wrecking Ball

Entitlement Guy singt über Bitch:

The Clash – Should I Stay or Should I Go

Bon Jovi – You Give Love a Bad Name

Stufe 3 sieht Stufe 1 einerseits als „Frühstück“, weil Stufe 1 unerfahren ist, und naiv auf die meisten Manipulationen von Stufe 3 hereinfällt.

Traumprinz singt über Entitlement Girl:

Georg Danzer – Vorstadtcasanova

EAV – Küss die Hand, schöne Frau (Unzensierte Maxi-Version)

Guns N‘ Roses – It’s So Easy

Michael Jackson – Billie Jean

Andererseits jedoch erinnert Stufe 1 den Menschen auf Stufe 3 unbewusst an eine einfachere Zeit – als Stufe 3 noch „eine Seele hatte“, und an eine bessere Welt glaubte. Deswegen verklärt Stufe 3 gerne Stufe 1 als „Neuanfang“, „unschuldige Jugend“, und dergleichen. So sind männliche Traumprinzen oft von weiblichen „Jungfrauen“ fasziniert, da sie diesen zuschreiben, aufgrund ihrer Unerfahrenheit selbst die unbemühteste und ignoranteste Art Sex (wenig Aufwand) noch beeindruckend zu finden (viel Aufmerksamkeit). Diesen Eindruck enttäuscht Stufe 1 jedoch schnell, da bereits die Tatsache, dass Stufe 1 ein realer Mensch ist und Bedürfnisse in die Gegenrichtung hat, für Stufe 3 eine narzisstische Kränkung darstellt.

Damit Stufe 3 unvorhersehbar reagieren (und so auch manipulieren) kann, braucht er_sie jedoch ein vorhersehbares Gegenüber, das sich so verhält, wie es sich Stufe 3 gerade einbildet. Die eigene Fehleinschätzung verunsichert Stufe 3 daher völlig, worauf er_sie auf Abstand geht, indem er_sie entweder nur flache Gespräche zulässt, oder „keine Zeit hat“. Wenn sich Stufe 1 durch Zurücknahme der eigenen Bedürfnisse oder einfach Zufall wieder nach Wunsch verhält, hat Stufe 3 plötzlich doch wieder Zeit und lässt eine sexuelle oder romantische Situation zu.

Meldet Stufe 1 jedoch weiterhin eigene Bedürfnisse an, vermutet Stufe 3 hinter jedem indirekten Kommunikationsversuch oder jeder aufgeblasenen Geschichte von Stufe 1 ein Manöver nach dem eigenen Stil (auf Stufe 3). Im Versuch, diese Manöver zu „durchschauen“, macht Stufe 3 zuerst paranoide Unterstellungen, und nutzt diese dann als Rechtfertigung, um Stufe 1 nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ emotional zu attackieren. An dieser Stelle der Dynamik steht Stufe 1 völlig im Eck. Egal ob Stufe 1 cool bleibt und nachfragt („Was hast du denn?“) oder sich verärgert gegen die ungerechten Unterstellungen wehrt („Wie kommst du auf so einen Blödsinn?“), reagiert Stufe 3 mit Gaslighting, Verächtlichkeit, oder sogar offener Verachtung.

Wenn Stufe 1 genügend gesunde Anteile hat, verlässt er_sie an dieser Stelle bald den übergriffigen Menschen auf Stufe 3.

Entitlement Girl „am Weg raus“, singt über Traumprinz:

Avril Lavigne – Complicated

Nelavie – Teilzeit Feminist

Silly – Alles Rot

Wir sind Helden – Alphamännchen

Nancy Sinatra – These Boots Are Made For Walking

Taylor Swift – I Knew You Were Trouble

Kelly Clarkson – Since U Been Gone

Alanis Morissette – That Particular Time

Jennifer Lopez – Qué Hiciste

Gloria Gaynor – I Will Survive

Stefanie Werger – Stoak wie a Felsen

Annett Louisan – Drück die 1

Shania Twain – That Don’t Impress Me Much

Entitlement Guy „am Weg raus“, singt über Bitch:

Jack Johnson – Sitting, Waiting, Wishing

The All-American Rejects – Gives You Hell

Wise Guys – Nur für dich (beginnt als Frauenversteher, wechselt mitten im Lied auf Entitlement Guy)

Avril Lavigne – Sk8er Boi

Wünscht sich Stufe 1 hingegen weiter Sex und/oder eine Beziehung von Stufe 3, und hält deswegen Kontakt, wandert er_sie bald auf Stufe 2, um über „Ich mach alles, was du willst“ mehr (positive) Aufmerksamkeit von Stufe 3 zu bekommen. Das Ignorieren der eigenen Bedürfnisse macht den betroffenen Menschen allerdings anfälliger für Idealisierungen, was eine besonders hässliche Dynamik (siehe Stufe 2 trifft auf Stufe 3) in Gang setzt.

Stufe 2 trifft auf Stufe 3:

Menschen auf Stufe 2 sind besonders anfällig für eine Idealisierungsfantasie, da sie ständig mit der Wunscherfüllung von anderen beschäftigt sind – den unfairen Erwartungen der Stufe 1 oder den Erwartungen der Mehrheit auf Stufe 2. In der Idealisierungsfantasie sehen sie dann einen Menschen, der endlich ihnen ihre tiefsten Wünsche erfüllt (wenigstens im Traum…).

Material Girl singt über Traumprinz:

Boney M – Daddy Cool

Carly Rae Jepsen – Call Me Maybe

Connie Francis – Schöner fremder Mann

Mia – Hungriges Herz

Christina Stürmer – Ich lebe

Duffy – Mercy

Britney Spears – Toxic

Agnes – Release Me

The Cardigans – My Favourite Game

Frauenversteher singt über Bitch:

Xavier Naidoo – Sie sieht mich nicht

James Blunt – You’re Beautiful

Mario – Let Me Love You

Reamonn – Supergirl

Radiohead – Creep

Hozier – Take Me To Church

Alice Cooper – Poison

Soft Cell – Tainted Love

Maroon 5 – This Love

Die Ärzte – Zu Spät (beginnt als Frauenversteher, wechselt im Refrain auf Traumprinz)

Dies ist jedoch eine Falle. Denn Stufe 3 erfüllt von den angedeuteten oder versprochenen Dingen der „Maske“ nur den Bruchteil, der gerade bequem ist. Sobald Stufe 3 sich genügend Aufmerksamkeit (in Form von Sex, Freundschaft, Liebe, etc.) geholt hat, verliert er_sie bald das Interesse am Gegenüber. Wie lange dieses Interesse anhält, kann manchmal tatsächlich ein geplantes Machtspielchen sein. Meistens ist es jedoch ganz einfach unklar, bis eine Gelegenheit für mehr Aufmerksamkeit die Sache kurzfristig entscheidet. Gerne hält sich Stufe 3 daher Stufe 2 mit gelegentlichen kurzen Kontaktaufnahmen für die nächste Aufmerksamkeitslieferung warm.

So sind zahlreiche Begriffe, welche als „Dating-Vokabular“ in den 2010er-Jahren populär wurden, in Wirklichkeit toxische Verhaltensmuster von Menschen auf Stufe 3: Stashing, Breadcrumbing, Benching, und schließlich Ghosting.

Traumprinz singt über Material Girl:

Mark Ronson & Bruno Mars – Uptown Funk

EAV – Märchenprinz

Roger Cicero – Kein Mann für eine Frau

3OH!3 – DONTTRUSTME

Bitch singt über Frauenversteher:

Annett Louisan – Das Spiel

Meredith Brooks – Bitch

Britney Spears – Oops!…I Did It Again

Marshmello & Anne-Marie – FRIENDS (was nach „Oops!…I Did It Again“ üblicherweise passiert)

Geht eine solche Manipulation über Monate oder Jahre, produziert sie auf Stufe 2 emotional zutiefst verletzte und enttäuschte Menschen. Diese brauchen oft Jahre, um Misstrauen gegenüber neuen Menschen abzustellen, und sich (wieder) auf etwas Ernsthaftes einzulassen. Auf Stufe 3 bleiben getriebene Menschen übrig, die aufgrund ihrer Lügen und Selbstlügen „nicht mehr in den Spiegel schauen können“. Das bewirkt, dass sie weder eine bedeutungsvolle soziale Verbindung zu einem anderen Menschen, noch alleine zu sein lange ertragen, und immer dem „nächsten Schuss“ Aufmerksamkeit folgen.

Material Girl singt über Traumprinz:

Natalie Imbruglia – Torn

Puhdys – Bis ans Ende der Welt

Stufe 3 trifft auf Stufe 3:

Hier treffen eine Bitch und ein Traumprinz aufeinander. Beide handeln nach dem Motto:

„Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt“.

Und tatsächlich ähnelt ein sexuelles oder romantisches Interesse zwischen beiden einem strategisch geführten Krieg. Beide Seiten versuchen sich gegenseitig zu manipulieren, mit dem Ziel, möglichst wenig Aufmerksamkeit, also Interesse am und Zeit mit dem Gegenüber, herzugeben.

Hat eine Seite „zu viel“ Bedürftigkeit gezeigt, und droht dadurch das Spielchen zu verlieren, wird mit Manipulationen anderer Menschen (siehe Stufe 1 trifft auf Stufe 3 und Stufe 2 trifft auf Stufe 3) der eigene „Punktestand“ aufgebessert.

Wenn eine Seite schon länger auf Stufe 3 ist, die andere jedoch gerade erst die Stufe erreicht hat, bewundert der unerfahrene Mensch oftmals, dass der erfahrene auf Manipulationen nicht reagiert, und lässt sich darum mit ihm_ihr ein. Der erfahrene profitiert dabei von der billigen Aufmerksamkeit des unerfahrenen.

Treffen zwei sexuell inkompatible Menschen auf Stufe 3 aufeinander, „adoptiert“ der erfahrene nicht selten den unerfahrenen Menschen, und versorgt diese_n mit Tipps, wie Manipulationen gelingen. Natürlich wendet der unerfahrene Menschen die gelernten Spielchen sofort auf den erfahrenen an, sollte dieser einmal einen schwachen Moment haben.

Traumprinz singt über Bitch:

Blackstreet ft. Dr. Dre, Queen Pen – No Diggity (ein unerfahrener Traumprinz über eine erfahrene Bitch)

Wolfgang Ambros – Die Blume aus dem Gemeindebau (ein unerfahrener Traumprinz über eine erfahrene Bitch)

Justin Timberlake – Cry Me A River

Rammstein – Du Hast

Bitch singt über Traumprinz:

Gitte Haenning – Freu dich bloß nicht zu früh

Pixel Lametta ft. Stefanie Heinzmann – Nenn es nicht Liebe

Katy Perry – Hot N Cold

Carrie Underwood – Before He Cheats

Britney Spears – …Baby One More Time

La Roux – Bulletproof

Taylor Swift – We Are Never Ever Getting Back Together

Lady Gaga – Poker Face

Genau diese Strategie, „schwache Momente“ auszunutzen, wird einer Bitch oder einem Traumprinzen jedoch mittelfristig zum Verhängnis: Beide lassen echte Nähe gar nicht zu – aus Angst, dass sie das Gegenüber dann als „schwach“ sieht. Die Sehnsucht nach echter emotionaler Nähe läuft allerdings im Unbewussten weiter. Daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis eine Seite ihren Nähewunsch nicht mehr verbergen kann, und ein Bedürfnis nach emotionaler Unterstützung „herausbricht“. Das Gegenüber auf Stufe 3 sieht darin allerdings eine Angriffsmöglichkeit am Präsentierteller, und nutzt diese prompt. Dieses Spielchen läuft so lange, bis die gegenseitigen Enttäuschungen über ein Geflecht aus Racheakten (mithilfe von Menschen auf Stufe 2, die beide sich „warmhalten“) in eine hässliche Trennung münden.

Das folgende Lied beschreibt den emotionalen Innenzustand eines Menschen, der schon Jahre auf Stufe 3 verbracht hat, treffend und eindringlich. Der Text ist so ich-bezogen gehalten, dass ich keinen Hinweis auf eine Geschlechterrolle finden konnte, und es daher als Lied für alle Menschen auf Stufe 3 verwende:

Timna Brauer – Weder noch & Ich kann tanzen

Nach einigen Beziehungen in diesem Schema ist ein Mensch auf Stufe 3 völlig gebrochen. Stufe 3 schwört sich, dass er_sie nie wieder anderen Menschen vertrauen, und jedes tatsächliche oder vermutete Spielchen in Zukunft mit Gewalt lösen wird. Dadurch wandert Stufe 3 auf Stufe 4 – wird also zum Missbrauchtäter oder zur Missbrauchstäterin.

(Frischer) Missbrauchstäter singt über (seine letzte) Bitch:

Bob Dylan – All Over You

The Police – Every Breath You Take

Wissenswertes über Stufe 4:

Menschen auf der Stufe 4, also Missbrauchstäter und -innen, wissen sehr genau, dass sie mit ihrem Verhalten ihren Opfern schweren Schaden zufügen und/oder kriminell sind. Da sie im Laufe ihrer Lebensgeschichte auf der Distanzskala hinaufgewandert sind, denken sie jedoch, dass dies der einzige Weg sei, um garantiert Bedürfniserfüllung und Aufmerksamkeit von anderen Menschen zu bekommen: „Die anderen würden mich auch einfach sterben lassen!“ / „Der Mensch ist des Menschen Wolf.“

Daher wählt Stufe 4 das eigene Umfeld mit Bedacht aus – es muss genügend Opfer haben, die sich nicht wehren, damit Stufe 4 Aufmerksamkeit bekommt, sowie verlässliche Mitläufer_innen, die Missstände gegenüber den Opfern sowie Außenstehenden wegerklären.

Dazu benutzt Stufe 4 die „Maske“, die er_sie auf Stufe 3 gelernt hat, und setzt sie gezielt ein, um bei misstrauisch gewordenen Gegenübern eine Idealisierungsfantasie auszulösen, und damit sowohl Opfer als auch Mitläufer_innen zu steuern. Damit kann ein prügelnder Lebensgefährte lange genug gegenüber seiner Frau beteuern, dass es ihm sooo Leid tut, bis sie ihn zurücknimmt, oder eine Frau, die ihre Erpressungen zu weit getrieben hat, die arme, treusorgende Ehefrau spielen, die ja „nur das Beste“ für ihren Mann wollte.

Fiktive Missbrauchstäterinnen:

The L Word: Jenny Schecter (am Ende der Serie)

Missbrauchstäter singt über sich selbst:

Die Toten Hosen – Alles aus Liebe

Stufe 1 trifft auf Stufe 4:

Ein Mensch auf der Stufe 1 (Entitlement Girl oder -Guy) findet einen kompatiblen Menschen auf Stufe 4 (Missbrauchstäter_in) ähnlich „anders“ oder „interessant“ wie Stufe 3, und zwar wenn die geübte „Maske“ von Stufe 4 eine Idealisierungsfantasie auslöst. Diese Fantasie ist auf Stufe 1 allerdings noch leicht verstörbar. Das passiert, sobald sich Stufe 4 in Sicherheit wähnt, die Maske daher weglässt, und das Gegenüber misshandelt. Dann gibt es für Stufe 1 zwei Möglichkeiten, zu reagieren:

Wenn Stufe 1 genügend gesunde Anteile hat, verlässt er_sie an dieser Stelle bald den übergriffigen Menschen auf Stufe 4.

Wünscht sich Stufe 1 hingegen weiter Sex und/oder eine Beziehung von Stufe 4, und hält deswegen Kontakt, wandert er_sie bald auf Stufe 2, um über „Ich mach alles, was du willst“ Stufe 4 keinen Grund für Misshandlungen zu geben. Das Ignorieren der eigenen Bedürfnisse macht den betroffenen Menschen allerdings anfälliger für Idealisierungen, was die Dynamik von Gewalt in der Beziehung (siehe Stufe 2 trifft auf Stufe 4) in Gang setzt.

Stufe 2 trifft auf Stufe 4:

Sobald ein Material Girl oder Frauenversteher auf Stufe 2, und eine Missbrauchstäterin oder ein Missbrauchstäter auf Stufe 4 ausreichend kompatibel sind, beginnt die Katastrophe:

Stufe 2 ist durch sein Verhalten sowohl das perfekte Opfer, weil am anfälligsten für Idealisierungsfantasien, als auch der perfekte Mitläufer, wegen der unbedingten Anerkennung des sozialen Umfelds. Stufe 4 „organisiert“ sich daher mithilfe der „Maske“ einen möglichst hilflosen Menschen auf Stufe 2. Seine Spielchen betreibt Stufe 4 so lange, bis Stufe 2 entweder hündisch ergeben ist, und/oder existenziell abhängig, indem er_sie kein eigenes Geld mehr verwaltet, und/oder von allen anderen bedeutsamen Menschen abgeschnitten ist. Ist das „eingezogen“, lässt Stufe 4 der eigenen Gewalt freie Bahn, und bedient nur dann die „Maske“, wenn sich das Opfer durch andere Mittel nicht kontrollieren lässt.

Stufe 2 versteht hingegen die Welt nicht mehr:

„Als wir uns kennengelernt haben, war sie ganz anders.“

„Letzte Woche war er so lieb, wirklich!“
„Was habe ich denn falsch gemacht?“

Um möglichst wenig Gewalt abzubekommen, fügt sich Stufe 2 jeder Regung von Stufe 4, und versucht jede Kleinigkeit Recht zu machen. Dieses Verhalten lässt Stufe 2 verhungert nach Aufmersamkeit zurück, worauf Stufe 2 versucht, diese anderswo durch weniger Anpassung zu bekommen. Stufe 4 findet jedoch, dass jegliche Aufmerksamkeit und Anerkennung von Stufe 2 ihm_ihr „allein gehört“, und befürchtet (völlig zurecht), dass Stufe 2 durch Kontakt zu anderen Menschen jemand Besseren finden könnte. Deswegen veranstalten Menschen auf Stufe 4 regelmäßig paranoide Eifersuchtsdramen, und halten ihre Opfer durch Drohungen oder Wegsperren von anderen Menschen fern. Wenn Stufe 4 durch dieses Verhalten auffliegen würde, lässt Stufe 4 zwar Kontaktpersonen zu, allerdings nur solange er_sie diese als völlige Mitläufer_innen (mehr auf Stufe 2 als das Opfer) oder auf Stufe 3 einschätzt.

Währenddessen versucht Stufe 2 die Dramen und die Gewalt von Stufe 4 nach außen hin so gut wie möglich zu verstecken, und hält krampfhaft das Bild der „heilen Familie“ aufrecht, um nicht auch noch die Anerkennung des sozialen Umfelds zu verlieren.

Missbrauchstäter und Material Girl singen übereinander:

Subway To Sally – Kleid Aus Rosen

Eminem ft. Rihanna – Love the Way You Lie

Stufe 3 trifft auf Stufe 4:

Manipulationen, die bleibenden Schaden hinterlassen, hat der Mensch auf Stufe 3 bisher vermieden. Die waren ihm_ihr dann doch nicht ganz geheuer. Doch da Menschen auf Stufe 3 nichts wichtiger ist als Status, und geschickte Missbrauchstäter_innen in einer patriarchalen Gesellschaft oftmals einen hohen Status haben, blickt ein Mensch auf Stufe 3 bald bewundernd auf einen skrupellosen Menschen auf der Stufe 4: Diese Menschen schrecken vor nichts zurück, und bekommen dadurch jederzeit alles, was sie sich gerade einbilden. Also möchte Stufe 3 unbedingt Aufmerksamkeit von Stufe 4 bekommen, um dadurch im Status befördert zu werden – und um bei dessen Opfern nachzutreten.

Bitch singt über Missbrauchstäter:

Lady Gaga – Bad Romance

Für Stufe 4 ist Stufe 3 natürlich ein willkommener Trottel, den er_sie genauso wie alle Anderen in seiner Umgebung ausbeuten kann. Im Gegensatz zu den unteren Stufen ist Stufe 3 jedoch praktisch, da dessen ständige Manipulationen unerwünschte Menschen verwirren oder fernhalten, welche sonst die Machenschaften des_der Missbrauchstäter_in aufdecken könnten.

Aus diesem Grund bestehen Organisationen mit sektoiden Gruppendynamik oftmals aus einem oder einer Missbrauchstäter_in auf Stufe 4 an der Spitze, welche sich dann Menschen auf Stufe 3 als „zweite Reihe“ halten. Weil „Zweiter“ zu sein für Stufe 3 eine Demütigung darstellt, brauchen diese wiederum eine Umgebung, in der sie „wichtig“ sein können – in Form von einer dritten und vierten Reihe Mitläufer_innen auf Stufe 2. Diese Hierarchie findet sich an allen fundamentalistischen Gruppierungen mit einer Ideologie – vergleiche jede katholische Schule, an der Kindesmissbräuche aufgedeckt wurden, den Nationalsozialismus, den Stalinimus, islamistische Regimes, etc.

Stufe 4 trifft auf Stufe 4:

Zwei Menschen auf Stufe 4, die miteinander Sex haben, oder in einer Beziehung sind, wissen beide, dass ihr Gegenüber ohne Hemmungen jede erdenkliche Gewalt anwenden wird. Daher halten sie ihren Zustand durch ein „Gleichgewicht des Schreckens“ aufrecht. Dazu gestehen sich beide ein eigenes Netzwerk aus Opfern zu, an denen sie sich abreagieren können. Die Stimmung schwankt dabei zwischen Auflauern zum Selbstschutz und Bewunderung, wenn dem Gegenüber ein besonders guter „Coup“ gelungen ist.

Missbrauchstäter singt über Missbrauchstäterin:

Scissor Sisters – I Can’t Decide